Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende. Vermutlich jeder von uns stand aufgrund von Corona vor noch nie da gewesenen Herausforderungen, die es zu meistern galt. Die Zeit war anstrengend und fordernd, aber gleichzeitig unfassbar lehrreich. Die Umstellungen, die dieser unerwarteten Situation geschuldet waren, haben auch vor der Verlagsbranche keinen Halt gemacht. Und es hat wieder mal gezeigt: Beratender Verkauf ist, was mehr denn je gebraucht wird. Damit du als Verlagsleiter Impulse dafür bekommst wie du im kommenden Jahr Beratenden Verkauf in den Alltag deiner Media Berater integrieren kannst, haben wir uns hingesetzt, unsere AHA-Momente des (fast) vergangenen Jahres reflektiert und für dich festgehalten.

Tipp 1: Verkaufsmethodik
Maximilian: Am Anfang muss erstmal sichergestellt werden, welche Methoden es überhaupt gibt. Dann ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass alle das gleiche Verständnis von einer Methodik haben. Man muss Transparenz und Klarheit zwischen den Media Beratern und dem Verlagsleiter schaffen. Anschließend muss die Sinnhaftigkeit erklären werden: Was ist das Ziel, dass ich diese Verkaufsmethodik erlerne? Warum ist diese Veränderung notwendig? Denn Veränderung erfolgt nur, wenn man weiß, wohin man sich verändern soll. Gründe, weshalb Media Berater ihre Verkaufsmethodik verändern müssen, können beispielsweise Veränderungen der Branche, der Kundenwünsche oder der Produkte sein.
Sebastian: Ich würde darüber hinaus den Schwerpunkt auf die Bedarfsanalyse legen. Wir haben im letzten Jahr deutlich gelernt, dass oft ein extremer Gap zwischen dem Selbst- und dem Fremdbild herrscht. Um eine saubere Bedarfsanalyse zu erlernen, gebe ich gerne den Tipp, dass der Verlagsleiter sich mit einem Media Berater hinsetzt, ein Kunde ausgesucht wird und auf einem leeren Blatt Papier eine Linie in der Mitte gezogen wird. Links wird alles aufgeschrieben, was der Media Berater über seinen Kunden weiß und rechts werden die Punkte gesammelt, die der Media Berater noch nicht weiß. Diese Methode schafft auf einfache Weise einen großen Horizonterweiterung bezogen auf die Bedarfsanalyse.
Tipp 2: Produktwissen
Sebastian: Zum Thema „Produktwissen“ habe ich aus dem Jahr 2020 zwei wesentliche Punkte mitgenommen. Erstens, die Wichtigkeit darüber, Produkte zu priorisieren und zweitens, bei den absoluten Grundlagen zu beginnen. Es ist sinnvoll, mit einfachen Themen anzufangen und sicherzustellen, dass die Media Berater dort sicher sind. Also: Was ist eine Ad Impression? Was ist ein Unique User? Was ist die Click Through Rate? Wenn diese Grundlagen erst einmal geklärt sind, klappt das mit dem Produktwissen meiner Erfahrung nach sehr gut.
Maximilian: Zudem möchte ich mit auf den Weg geben, dass nicht unbedingt Unterstützung einer Agentur für das Produktwissen benötigt wird. Oft ist das benötigte Grundlagenwissen bereits im Haus vorhanden. Hier ist es wichtig, dass dieses Wissen festgehalten und vor allem den Media Beratern zur Verfügung gestellt wird. Denn oft ist das Problem nicht, dass die Expertise nicht vorhanden ist, sie wird lediglich nicht für alle zugänglich gemacht. An diesem Punkt kann man als Verlagsleiter definitiv ansetzen.
Tipp 3: Marktwissen (Kunde und Wettbewerb)
Maximilian: Häufig spricht die Geschäftsführung selbst zu wenig mit den Kunden. Da schlage ich vor, dass sich die Zeit genommen wird, hin und wieder einen Media Berater zum Kundentermin mit einem Kunden aus dem Beratenden Verkauf zu begleiten. Simple Interviews und Gespräche mit Kunden können einen ausführlichen Einblick in die Kundensituation geben. Auf diese Weise lässt sich verstehen, wie etwa Corona die Tourismusbranche oder die Gastronomie beeinflusst und auch die höhere Hierarchieebene eines Verlagshauses bekommt ein Gefühl für die verschiedenen Märkte der Kunden. Von außen sind die Geschehnisse des Marktes oft schwer mitzuverfolgen oder gar zu erkennen und lässt man sich über mehrere Personen darüber aufklären, gehen häufig viele Informationen verloren oder werden falsch interpretiert.
Sebastian: Das größte AHA, welches ich aus dem Jahr 2020 bezogen auf Fach- und Marktwissen mitnehme, ist, dass Media Berater sich in so einer Vielzahl von Branchen bewegen, dass es fast unmöglich ist, alle Bereiche vollends zu durchschauen. Die Branchen weisen so viele Unterschiede zueinander auf – in ihren Trends, in ihrer Struktur, in ihrem Geschäftsmodell, in ihren Corona-Auswirkungen -, dass ich verstehen kann, wenn Media Berater auf den Produktverkauf zurückgreifen. Ich sehe den Produktverkauf oft als eine gewisse Reaktion in Form von Ohnmacht auf diese Komplexität des Alltags. Ein Autohaus funktioniert anders als ein Weinhändler und dieser funktioniert anders als ein Sanitätshaus. Auch ich habe nach 1,5 Jahren tiefer Analyse der unterschiedlichen Branchen nicht jeden Markt bis aufs letzte Detail durchblickt. Mein Tipp, um dieser Überforderung der Media Berater nun entgegenzuwirken, ist, Experten für die einzelnen Branchen zu suchen: Jeder Media Berater analysiert eine Branche und das erlangte Wissen wird gesammelt und untereinander weitergegeben.
Tipp 4: Selbstorganisation
Sebastian: Uns war schon länger bewusst, dass der Alltag von Media Beratern sehr reaktiv, also von Sonderthemen und Kampagnen getrieben ist. Doch das Ausmaß dessen hat mich dieses Jahr sehr überrascht. Darum: Die Selbstorganisation oder die proaktive Priorisierung muss Führungsaufgabe sein. Es muss Zeit für die Media Berater geschaffen werden, um Beratung zu ermöglichen. In dem Moment, wo Sonderthemen und Kampagnen abgebaut werden, wird Beratungszeit aufgebaut.
Maximilian: Ich glaube zudem, dass die Zeit, die Media Berater in den von Führungskräften geforderten Kampagnenorientierten Verkauf investieren, einen starken Druck erzeugt, Umsatzziele zu erreichen. Dementsprechend geraten sie in diesen Teufelskreis, indem sie gar nicht die Chance haben Beratung zu lernen und zu beraten. Man muss sich bewusst sein, dass Beratender Verkauf ein Lernprozess ist, der Zeit braucht. Wenn diese Zeit für den Prozess nicht gegeben wird, dann dauert die Umsetzung logischerweise auch deutlich länger.
Tipp 5: Selbstreflektion
Maximilian: Die Selbstreflektion der Media Berater ist abhängig von den Führungskräften. Ist Selbstreflektion in der Unternehmenskultur integriert und dürfen Schwächen zugegeben werden, funktioniert das gut. Bei vielen Media Beratern ist es jedoch so, dass sie den ganzen Tag Experte sein müssen. Sie stecken oft so sehr in dieser Rolle, dass erwartet wird, dass ihr Potential bereits vollständig ausgeschöpft ist und sie gar keine Schwächen haben. Dieser Glaubenssatz ist über Jahre und Jahrzehnte hinweg so prägend in die Media Berater eingestampft worden, dass es erstmal ein Prozess ist, sie in die Situation zu versetzen, sich selbst reflektieren zu können. Zudem muss ein Umfeld geschaffen werden, indem sie sich ehrlich reflektieren können, ohne sich selbst zu überschätzen und ohne „Führungskräfte Pleasing“ zu betreiben. Wenn sie sich wirklich fragen dürfen, was sie noch verbessern können und wo ihre Schwächen liegen, können sie sich eigenständig entfalten.
Sebastian: Der Tipp an die Führungskraft ist, mit Selbstreflektion zu beginnen und zuzugeben, dass es okay ist, etwas nicht zu können. Wenn das erreicht ist, sich die Führungskraft sowie die Mitarbeiter selbst reflektieren, dann ist ein großer Schritt getan und Veränderungen und Verbesserungen können gemeistert werden.
Tipp 6: Digitale Tools
Sebastian: Media Berater teilen uns häufig mit, dass ihre Kunden gar nicht digital arbeiten. Nach unserer Recherche stellt sich dann oft heraus, dass dem gar nicht so ist. Im Gegenteil: Der Einsatz von Videokonferenzen, digitalen Medien und Co. kann sehr im Wohlwollen der Kunden eingesetzt werden. Auch Kunden, die eventuell erst einmal skeptisch reagieren, können an dieser Stelle abgeholt werden. Meiner Einschätzung nach kann es eine weitere Rolle der Media Berater sein, den eigenen Kunden in das digitale Zeitalter zu führen.
Maximilian: Tatsächlich sind in vielen Fällen die Kunden digitaler aufgestellt als der gesamte Konzern der Media Berater. Schlagen Kunden dann vor, Termine online abzuhalten, führt das zu unangenehmen Situationen für Media Berater, da sie mit vielen Tools nicht umzugehen wissen. Mein Tipp wäre, digitale Tools im Konzern zu integrieren, sodass sich eine geschützte Umgebung für Media Berater bietet, in der sie die verschiedenen Programme kennenlernen und ausprobieren dürfen, um im realen Leben durch die Vorerfahrungen gerüstet zu sein. Dafür müssen Führungskräfte und Verlagsleiter eine realistische Einschätzung geben, wie digital sie selbst aufgestellt sind – vor allem in den operativen Prozessen.
Tipp 7: Agenturprozesse
Maximilian: Sind Agenturen in den Verlagen tätig, haben Media Berater häufig Schwierigkeiten damit, die Zuständigkeiten zuzuordnen. Folgende Fragen begegnen uns da oft: Was machen die überhaupt? Wofür sind sie Ansprechpartner? In welchen Prozessen unterstützen sie uns? Diese Unwissenheit führt dazu, dass Media Berater den Ruf der Agenturen anzweifeln und Glaubenssätzen wie „Die können das doch nicht so gut wie wir“ oder „Wir kennen unsere Kunden viel besser“ zum Vorschein kommen. Deshalb ist es an dieser Stelle wichtig, dass transparent und klar kommuniziert wird, welche Aufgaben die Agentur übernimmt, welche aber auch nicht.
Tipp 8: Angebote und Angebotsvorlagen
Maximilian: Viele Angebote von Media Beratern gleichen einer einfachen Liste. Häufig handelt es sich um ein Word-Dokument, in dem das Angebot niedergeschrieben wird, sodass man auf den ersten Blick nicht sicher sagen kann, ob es sich um ein Angebot oder eine Rechnung handelt. Das Problem dabei ist, dass Kaufbeeinflusser, die nicht im Termin dabei gewesen sind, keine Vorstellungen haben, inwiefern dieses Angebot nun ihre derzeitige Situation verbessern soll. Verlagsleiter können sich an dieser Stelle fragen: Welche Ansprüche habe ich selber an Angebote? Die Antwort darauf weicht in den meisten Fällen von den Verlagsangeboten der Media Berater ab.
Interessant ist, dass viele Media Berater motiviert sind, sich in diesem Gebiet weiterzubilden und sogar Vorlagen wünschen. Ihnen fehlt lediglich die Befähigung dazu, diese selbst anzulegen. Hier können PowerPoint-Schulungen helfen, in denen die Media Berater erlernen, wie man Angebotsvorlagen individuell erstellt oder eine allgemein gültige Corporate-Design-Vorlage an Kunden anpasst. Die einzelnen Bestandteile des Beratenden Verkaufs können zudem direkt in die Vorlage integriert werden, indem Folien für die Bedarfsanalyse, den Produkt-Baukasten sowie den Lösungspitch erarbeitet werden. So stellt man bereits mit den Angebotsfolien den Prozess des Beratenden Verkaufs sicher.
Sebastian: Die Minimalanforderung in einem Angebot ist die Sales Story. Eine Sales Story besteht aus einem Kaufmotiv (der Zusammenfassung der Situation des Kunden) inklusive der Herausforderung (die Beantwortung der Frage, warum der Kunde sein Problem nicht selbst löst) sowie einer Argumentation für eine Lösung, beruhend auf dieser Ausgangslage.
Tipp 9: Kultur
Sebastian: Ich denke, das wichtigste Thema ist, einen Weg aus dem reaktiven Alltag zu finden. In konsolidierenden Märkten geraten alle unter Druck. Das macht Sinn, denn man hat die gleichen Kosten mit weniger Umsatz. Der Druck äußert sich bei Verlagen darin, dass Media Berater durch höhere Hierarchieebenen dazu veranlasst werden, möglichst viele Sonderthemen und Kampagnen zu verkaufen. Je mehr, desto besser. Doch irgendwann wird der Druck so groß, dass es nicht mehr funktionieren wird. Ich empfehle Verlagen an dieser Stelle, die Handbremse zu ziehen und aufzuhören, ihre Mitarbeiter unter Druck zu setzen, um diese zu schützen. Nur dadurch können sie Beratenden Verkauf sauber lernen und anwenden und somit dafür sorgen, dass der Verlag wieder ins Wachsen kommt.
Verlage müssen wieder beginnen sich damit auseinanderzusetzen, wie sie langfristigen Wachstum erzielen können: Wie schaffen wir eine Infrastruktur, eine Kultur und einen Plan, um wieder ins Wachsen zu kommen? Denkt man dies zu Ende, gibt es aus meiner Sicht nur eine Antwort auf die Frage, wann man die Handbremse ziehen sollte: Besser heute als morgen. Je länger ich in konsolidierenden Märkten warte, desto weniger Geld werde ich für die notwendigen Maßnahmen zur Verfügung haben. Das heißt, ich muss sofort loslegen, den Richtungswechsel einzuleiten. Alle wollen mutig sein, aber keiner ist bereit, die Handbremse zu ziehen, um wirklich das umzusetzen, was nötig wäre, um wieder ins Wachstum zu kommen. Doch ist es Wachstum, wodurch sich wieder alles entspannt. Da gibt es keinen starken Umsatzdruck, sondern eher das gegenteilige Problem: Man muss schauen, wie die Kosten mit dem Umsatz aufgebaut werden, um den Umsatz qualitativ hochwertig hinzubekommen. Das sind Luxusprobleme. Deswegen der Tipp an die Führungskräfte: Ziehe mutig die Handbremse zum Selbstschutz deiner Mitarbeiter.
Maximilian: Mut, also proaktives Handeln, wird belohnt. Einen konsolidierenden Markt kann man nicht aussetzen. Man muss sich verändern. Hält man an der Vergangenheit fest, wird man mit dem Markt nicht mithalten können. Man muss eine Kultur schaffen, in der die Mitarbeiter sich entwickeln können. Veränderungen brauchen Zeit. Deshalb muss den Mitarbeitern Verständnis und Ressourcen eingeräumt werden, damit sie sich weiterbilden können. Veränderung funktioniert nicht, wenn man nichts tut. Man muss im Vorfeld investieren.
Tipp 10: Führung
Maximilian: Beim Thema Führung stellt sich meiner Meinung nach die Frage: Ist mein Führungsstil zeitgemäß und sinnführend oder halte ich an etwas historisch Gewachsenem fest? Gebe ich meinen Mitarbeitern Raum zur Entfaltung und bin ihr Leuchtturm oder setze ich sie unter Druck? Möchte ich als Verlagsleiter meinen Media Beratern Raum für ihre Entwicklung geben, muss ich bei mir selber anfangen. Ich als Verlagsleiter muss den Führungskräften meinen gewünschten Führungsstil vorleben, damit diese den wiederum den Media Beratern vorleben können. Den Wandel, den ich haben möchte, muss ich selbst verkörpern, denn Veränderungen funktionieren häufig nur Top-Down. Man muss in Zeiten von New Work-Ansätzen, in Zeiten von Digitalisierung und in Zeiten von konsolidierenden Märkten zum Leuchtturm werden – auch als Verlagsleiter.
Sebastian: Werdet zum Leuchtturm. Befreit euch vom Ego. Das Ego ist, was die Verlage zurückhält. Die zerronnenen Träume an vergangene glorreiche Zeiten. Und der Glaube an die eigene Heldengeschichte als Führungskraft. Das ist, was Veränderung behindert. In dem Moment, in dem Verlage sich mit dem internen Abbau von Ego beschäftigen und aufhören Machtpositionen zu verteidigen, kann sich etwas verändern. Es sollte der Glaubenssatz geschaffen werden: Nichts ist nicht diskutabel. Wenn ein Mitarbeiter vorschlägt, ein Anzeigenblatt abzuschaffen, dann muss das diskutiert werden dürfen. Wenn ich vorschlage, eine ganze Hierarchieebene abzuschaffen, dann muss das diskutiert werden dürfen. Und solange dieser Zustand nicht erreicht ist, arbeiten wir immer mit angezogener Handbremse. Deswegen mein Tipp: Schafft euer Ego ab. Dann geht Veränderung schnell.
Maximilian: Vielleicht ein Zitat, welches dies gut beschreibt: „Beim Boss geht es um die Führungskraft. Beim Leader geht es um den Mitarbeiter.“
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