Seit einiger Zeit hat die deutsche Medienbranche eine eigentlich gute Lösung für den akuten Umsatzrückgang im Print-Geschäft gefunden – den beratenden Verkauf. In diesem Beitrag geht es darum, „Beratenden Verkauf“ zu definieren und konkret in Form von alltagstauglichen Verhaltensänderungen vom „Kampagnenorientierten Verkauf“ abzugrenzen. Das dient dazu, dir als Verlagsleiter oder dir als Media Berater, eine klare Vorstellung zu vermitteln, was sich konkret ändert, wenn du dich entschließt, den Beratenden Verkauf umzusetzen.


Beratender Verkauf: Eine Definition

Der Beratende Verkauf (auch „Lösungsorientiertes Verkaufen“ genannt) beinhaltet erst einmal die Schaffung von Lösungen. Eine Lösung ist nur dann eine Lösung, wenn es ein dazugehöriges Problem gibt. Kurz und knapp kann man also sagen, dass der Beratende Verkauf „Probleme“ bei Kunden löst. Media Berater können also erst „beraten“, also Lösungen schaffen, wenn sie vorher beim Kunden ein zugehöriges Problem gefunden haben. Genau dieser Punkt stellt die größte Veränderung zum „Kampagnenorientierten Verkaufen“ dar.

Der Medienbranche ging es gut! Nach dem zweiten Weltkrieg und der damit verbundenen Aufteilung von Deutschland erst in Sektoren und dann in Regionen, hatten Verlage eine Art Monopolstellung für regionale Werbung. Damit ließ sich eine Menge Geld verdienen. Kunden erkannten sowohl für den Stellenmarkt als auch für Imagewerbung oder Kundenakquise (und Abverkauf) die Tageszeitung (oder das Anzeigenblatt) als präferiertes Medium. Der damit verbundene, logische Vertriebsansatz war das „Kampagnenorientierte Verkaufen“. Das bedeutet, dass der Verlag ein Angebot (an Werbeplätzen) zur Verfügung stellt und den Kunden fragt, ob er dieses Angebot nutzen möchte. Dieser Weg funktioniert so lange hervorragend, wie das Angebot knapp ist. Durch das Aufkommen des Internets und vor allem Google als Suchmaschine wurde Werbung gezielter und vor allem günstiger. Das Angebot wurde dadurch durch ein Vielfaches größer. Durch Targeting wurde der Streuschuss der Tageszeitung für viele Werbekunden unattraktiver. Die Rolle des Verlags und somit auch von Media Beratern hat sich daher zwangsläufig stark verändert. Vom ursprünglich passiven Vertrieb mit dem knappen Angebot (an Werbeplätzen) sehen sich Media Berater heute gezwungen, um jeden Euro zu kämpfen.

Genau hier setzt der „Beratende Verkauf“ an. Er differenziert sich als Vertriebsansatz und sorgt dafür, dass Media Berater mit ihren Kunden auf Augenhöhe an den Werbezielen des Unternehmens arbeiten. Sie diskutieren Angebote und die Kernwertschöpfung mit den Kunden und finden Mittel und Wege, in der Vielzahl an verschiedenen Werbekanälen, den richtigen Kanal mit der richtigen Story zu finden, damit der Verlagskunde seine Zielgruppe erreicht, seine Werbeziele erreicht und in letzter Instanz auch seine Unternehmensziele erreicht. Das Wort „Berater“ in „Beratenden Verkauf“ hat also seine klare Berechtigung. Nur der Media Berater, der mit seinen Kunden auf Augenhöhe arbeitet, die „Probleme“ findet, die seine Kunden aktuell davon abhalten, die gesteckten oder noch unklaren Werbeziele zu erreichen, wird den marktgetriebenen Rückgang von Print auffangen und zum Wachstum zurückkehren. Doch was genau ändert sich jetzt im Alltag für dich als Media Berater oder als Verlagsleiter. Das herauszufinden und „lecker und leicht“ verdaulich zu erklären, ist gar nicht so einfach. Ich möchte es an einem Beispiel aufzeigen.

Beratender Verkauf: Ein Beispiel

Betrachten wir unsere Media Beraterin Sandra einer regionalen Tageszeitung. Sandra hat 130 Bestandskunden, die unterschiedlich viel Umsatz erzielt haben, jedoch mindestens 500 € pro Jahr. Ihr bester Kunde, ein regionales Autohaus, erzielt 14.000 € Umsatz pro Jahr. Sandra ist seit knapp 14 Jahren Media Beraterin, kennt ihre Kunden also sehr gut. Pro Jahr hat sie maximal 5% Fluktuation in ihrem Kundenstamm. Seit Jahren besucht Sandra ihre Kunden und verkauft Anzeigen in den Standard-Rubriken und Beilagen. Wenn Sonderthemen anstehen, ruft sie ihre Kunden an und fragt, ob diese wieder mitmachen möchten. Pro Jahr verliert Sandra 8% des Print-Umsatzes. Der Verlag hat vor 2 Jahren begonnen, eine eigene Digitalagentur aufzubauen, sodass ihr jetzt auch Performance Marketing-Leistungen, aber auch Display Ads auf der Website der Tageszeitung zur Verfügung stehen. Wenn Sandra zum Kunden fährt, trinkt sie Kaffee und tauscht sich aus und am Ende des Gesprächs wird noch eine Anzeige verkauft. Nur die Höhe der Buchungen nehmen ab. Was kann sie tun?



Schritt 1: Umdenken

Der erste Schritt, den Sandra machen muss, ist umzudenken. Durch ein paar Gespräche mit ihren Kunden, durch die sie verstehen will, warum die Kunden immer weniger bei ihr buchen, findet sie heraus, dass ein paar Kunden tatsächlich weniger Geld für Werbung ausgeben, ein paar Kunden jedoch sogar mehr Geld für Werbung ausgeben, nur weniger bei ihr. Sandra hat sich über die letzten 14 Jahre bei ihren Kunden eine Marke aufgebaut. Sie wird erkannt als „Ansprechpartnerin für Print“, das heißt, dass ihre Kunden auf sie zukommen, wenn sie eh Geld für Print ausgegeben hätten. Sie bekommt also nur das Budget, das ihre Kunden ihr zuteilen. Auf ihre Bitte, einfach mehr Budget zu erhalten oder einfach mal Digital auszuprobieren, erhält sie nur verhaltendes Feedback. Woran liegt das? Ihre Kunden vertrauen Sandra im Bezug auf Print und nur in Bezug auf Print. Beim Thema Digital sind sie bei Sandra skeptisch, auch wenn sie grundsätzlich aufgeschlossen wären. Sie erkennt, dass sie eine neue Positionierung bei ihren Kunden benötigt, eine „mediumsunabhängigere“ Marke. Sie beginnt ihre Kunden nach grundsätzlichen Werbezielen zu fragen, unabhängig von Print. Hier merkt sie, dass einige Kunden schon klare Vorstellungen haben, einige jedoch gar nicht wissen, in welche Richtung sie ihr Marketing ausrichten sollten. Das ist ihre Chance! Sandra beginnt sich in die weiteren Werbemöglichkeiten, die ihr Verlag bietet, einzuarbeiten, damit sie einen grundsätzlichen Überblick über die Möglichkeiten ihrer Kunden hat. Genau damit beginnt Sandra auf „Augenhöhe“ zu denken, das heißt, dass sie nicht mehr produktbezogene Fragen stellt und produktbezogene Gespräche führt, sondern eine Ebene höher, über Ziele spricht.

Schritt 2: Priorisieren

Durch die Gespräche mit ihren Kunden hat Sandra festgestellt, dass es viele Kunden gibt, die keine Werbeziele haben. Diese stellt Sandra noch einmal zurück, weil sie sich noch nicht sicher genug fühlt, um diesen Kunden die Richtung aufzuzeigen. Außerdem stellt sie fest, dass sie Kunden hat, die insgesamt weniger Geld für Werbung ausgeben. Das liegt daran, dass deren eigenes Geschäft rückläufig ist. Die Kunden haben eh schon eine begrenzte Liquidität. Auch bei diesen Kunden stellt sie den ersten Schritt noch zurück, weil sie sich denkt, dass sie hier keinen Fehler machen darf. Sie sucht also Kunden, deren eigenes Geschäft wächst, die also mehr Geld als früher für Marketing und Werbung ausgeben und die auch Werbeziele haben. Mit diesen Kunden macht Sandra Gespräche und findet heraus, welche Werbeziele dort vorliegen. Sie findet heraus, wer Produkte verkaufen möchte, wer Veranstaltungen füllen möchte, wer Neukunden sucht, die er selbst zu Bestandskunden entwickeln kann, wer sein Image in der Region verbessern möchte und wer neue Mitarbeiter sucht. Sie stellt fest, dass von ihren ursprünglich 130 Kunden nur noch 40 Kunden übrig geblieben sind. Mit diesen gesunden Unternehmen jedoch zu starten, das ist in Sandra’s Augen eine gute Idee! Daher markiert sie diese Unternehmen und hängt sie mit Haftnotizen an ihre Bürowand. Bei den restlichen Kunden kann sie ja auf dem bewährten Weg erst einmal weitermachen.

Schritt 3: Loslegen

Sandra vereinbart Termine, so wie sie das immer gemacht hat. Im Termin vor Ort beginnt sie jedoch zu schwimmen. Sie stellt ihrem Kunden Harald, einem Weinhändler vor Ort, den sie seit Jahren kennt, die Frage nach den Werbezielen. Harald schaut sie stark verwirrt an und fragt Sandra, ob es ihr gut gehe. Sie lacht und meint, dass es im Jahr 2020 mal an der Zeit wäre, etwas neues auszuprobieren. Nachdem sie 30 Minuten mit Harald über seine Werbeziele gesprochen hat – so lange hat sie noch nie mit einem Kunden über SEINE Themen gesprochen – ist die Zeit vorbei. Harald muss wieder zu seinen Kunden. Also rettet Sandra sich mit einem Folgetermin, indem sie Harald eine Lösung vorstellen möchte. Sie nimmt die Informationen mit und fährt wieder ins Büro. Dort setzt sie sich hin und brütet über einer Lösung. Harald meinte, dass er eine neue Zielgruppe – junge Menschen, die im Job einsteigen – erreichen möchte und diese vom Bier zum Wein führen möchte. Das ist in seinen Augen eine gute Idee, weil im Geschäftskontakt ein Mindestkenntnisstand von Wein vorhanden sein sollte. Um diese neue Zielgruppe heranzuführen, plant er einen Weinverkostung mit einem Sommelier. In sein Geschäft passen 40 Kunden. Wenn seine Kunden mit Partnern kommen, benötigt er also 20 Paare, die die Veranstaltung besuchen. Da sie sich nicht sicher ist, welche Lösung hier die richtige für Harald ist, vereinbart sie einen Termin mit ihrem Verlagsleiter Steffen. Zusammen kommen beide zum Entschluss, dass die „gängigen Print-Kanäle“ Harald nicht helfen würden, weil diese eine andere Zielgruppe adressieren. Bestürzt, aber auch erleichtert, stellt Sandra fest, dass sie Harald auf dem „alten Weg“ – die Printanzeige zu verkaufen – ein Produkt verkauft hätte, das ihm evtl. gar nicht geholfen hätte bei seiner aktuellen Zielsetzung. Gut, dass sie mit Steffen an der Lösung arbeiten kann! Gemeinsam kommen sie zu dem Entschluss, dass Harald seine Veranstaltung am besten über eine Display-Kampagne auf der Website der Tageszeitung bewirbt. Dort erreicht er seine Zielgruppe und bezahlt gleichzeitig nur, wenn die digitale Anzeige in seiner Zielgruppe ausgespielt wird. Ein echter Win-Win!

Sandra stellt die Kampagne in einem Folgetermin Weinhändler Harald vor. Dieser ist skeptisch, weil er noch nie online geworben hat. Das Argument, dass er jedoch nur Geld bezahlt, wenn seine Zielgruppe die digitale Anzeige (Display Ad) sieht, überzeugt ihn jedoch schlussendlich. Die Display Ad wird also gestaltet und geschaltet. Sandra hat ihre erste Lösung verkauft! Einen Tag später wird sie jedoch von Harald angerufen, der ziemlich verwirrt ist, weil er die gesamte Website nach seiner Anzeige durchsucht hat und diese nicht gefunden hat. Mit Hilfe von Steffen kann Sandra jedoch dieses Missverständnis ausräumen. Da Harald nicht zur Zielgruppe gehört, wird die Anzeige bei ihm gar nicht ausgespielt. Außerdem würde er ja so Geld „verbrennen“, weil er selbst ja nicht sein eigener Kunde werden muss. Nach 3 Wochen hat Harald eine gut besuchte Veranstaltung. Es sind zwar nicht 20 Paare gekommen, sondern nur 13 Paare, Harald ist jedoch trotzdem glücklich, weil er so eine gute Veranstaltung hatte und seine Kunden ja längerfristig bei ihm bleiben werden.

Schritt 4: Ausbauen und verbessern

Drei Wochen nach der Veranstaltung vereinbart Sandra mit ihrem Kunden Harald ein Gespräch, um die Veranstaltung Revue passieren zu lassen. Harald war so begeistert, dass er direkt fragt, ob er in diesem Jahr noch zwei weitere Veranstaltungen mit Sandra und der Tageszeitung organisieren kann. Daher nutzen Sandra und Harald den schon funktionierenden Prozess und entwickeln diesen mit Verkaufsleiter Steffen und den internen Produktexperten weiter, sodass Harald immer bessere Ergebnisse erhält. Da die Kampagne wiederholt wurde, konnten die Ergebnisse verglichen werden. Durch das Ausprobieren von weiteren Kanälen und verschiedenen Display Ad-Formaten, erhielt Harald bessere Ergebnisse für weniger Geld und Sandra erhielt wieder mehr Budget. Das Budget, das sie früher bekommen hat, also für das Harald sie erkannt hat, hat sie übrigens weiterhin bekommen. Aber auch hier ist Sandra bei diesem Kunden von den Werbezielen und einer individuellen Lösung ausgegangen.

Genauso wie bei Sandra ist es auch bei dir eine kundenindividuelle Entscheidung, welcher Kunde welchen Verkaufsansatz benötigt. Gerade der häufige Wunsch von Verlagsleitern ALLE KUNDEN AUF EINMAL zu transformieren, ist der größte Kardinalfehler. In der Grafik siehst du, welche Veränderung bei dir als Media Berater im Alltag nötig sind, wenn du dich entschließt – wie Sandra – den Beratenden Verkauf auszuprobieren. Die Empfehlung ist, mit den Kunden zu beginnen, die selbst wachsen und klare Werbeziele haben. Diese Kunden sind in der Regel gesunde Unternehmen, mit einem klaren Fokus und Ziel. Hier bekommst du gute Informationen zu den Zielgruppen und Werbezielen, die die Grundlage für deine Lösungen darstellen. Nutze die Zeit in Kundenkontakten für die Informationsbeschaffung. Ja, du wirst zu Beginn schief angeschaut! Das ist ganz normal, wenn ihr – dein Kunde und du – euch seit vielen Jahren kennt. Ihr habt euch aufeinander eingestellt und jetzt kommt eine Veränderung. Such dir eine Geschichte, WARUM du JETZT etwas anders machst oder lächle den Kommentar einfach weg. Trau dich, Lösungen zu skizzieren, wo du früher Produkte vorgestellt hast. Greif auf die Hilfe deiner Verkaufsleiter und Produktexperten zurück, ihr werdet gemeinsam lernen, was bei euren Kunden funktioniert. Führe mit allen Kunden, die in die obige Kategorie (Wachstum, Werbeziele vorhanden) fallen, Jahresgespräche und bleibe dran. Jeder Kunde sollte zu jedem Zeitpunkt einen neuen Termin in seinem Kalender mit dir haben. Nutze dafür Evaluationsgespräche, also Termine, in denen ihr herausfindet, welchen Nutzen der Kunde durch die Zusammenarbeit hatte. Denke dich tief in die verschiedenen Vermarktungsmöglichkeiten ein. Auf YouTube und in unzähligen Blogs findest du eine schier endlose Zahl an Videos und Texten, die die verschiedenen Möglichkeiten einfach und an Hand von Beispielen erläutern. Bleibt hier am Ball. Beginne Kundeninformationen strukturiert im CRM-System abzulegen. Nicht nur für deinen Verlagsleiter, sondern für dich. Du wirst bei 130 Kunden EINE Quelle benötigen, in der du die aktuellsten Informationen zum Kunden findest.

Beratender Verkauf: Und du?

Wie weit bist du in deinem Alltag? Vor Sandra, also VOR deinem ersten Schritt zum Beratenden Verkauf oder schon viel weiter? Schreib uns gerne in die Kommentare, ob dir dieser Beitrag geholfen hat, das Thema „Beratender Verkauf“ und die konkrete Veränderung im Alltag von Media Beratern zu verstehen. Wir freuen uns immer auf eine anregende Diskussion!

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