Ein guter Kunde von uns ist Vorstand in einem mittelständischen Unternehmen mit knapp 2.000 Mitarbeitern, dass international tätig ist. Er meinte in einer Diskussion, wie lange man im Jahr 2021 noch wirklich strategisch planen kann. Der Planungszyklus, in dem er denkt, sind dabei zwei Jahre. Als ich ihn fragte, wie er genau auf zwei Jahre kommt, sagt er, dass alle Märkte inzwischen so einer starken Dynamik und Veränderung ausgesetzt sind, dass keine längere Planung – mehr als zwei Jahre – ermöglicht wird. Eine Planung über zwei Jahre hinaus, ist nur dann möglich, wenn der Markt sich in einem Ruhestatus befindet bzw. sich die Veränderung auf Kundensicht so schleichend vollzieht, dass der Status Quo in mehr als zwei Jahren vorhersehbar wird. Da das in vielen Märkten nicht mehr der Fall ist, haben wir mit unseren Kunden gelernt, dass wir in sogenannten Transformationszyklen denken müssen. Genau darum geht es in diesem Beitrag.

Transformationszyklus

Ein Transformationszyklus ist ein strategischer Zyklus, der auf eine bestimmte Dauer festgelegt wird -viel wichtiger jedoch ein definiertes Zielbild verfolgt. Da die Märkte sich ständig verändern und eine Organisation nur nachhaltig erfolgreich sein kann, wenn sie sich auch deswegen selbst ständig verändert, bedeutet das, dass nach einem Transformationszyklus (z.B. TZ 1 vom 01.01.2022-31.12.2023 vor dem Transformationszyklus ist (z.B. TZ 2 vom 01.01.2024-31.12.2025). Durch das Denken in Transformationszyklen und die saubere Operationalisierung in die Organisation wird langsam aber nachhaltig die gesamte Grundeinstellung der Organisation und auch die Kultur auf Anpassungsfähigkeit der neuen Marktbedürfnisse – also Veränderungsbereitschaft – getrimmt. Das bedeutet, dass Strategie weder etwas ist, was nur Manager betrifft oder nur von Managern vollzogen wird, weder noch in die Schublade gehört. Sondern zwangsweise in der Gesamtorganisation Einzug halten muss. Im Forecast wird eine Strategie dann gut umgesetzt, wenn sie in der kleinsten Einheit z.B. in einer Woche oder an einem Tag einer X-beliebigen Person präsent ist.

Der Turm

Das Bild, das wir häufig verwenden, um den Transformationszyklus zu erklären, ist der Turm. Der Turm ist unendlich hoch und jede Organisation startet im Status Quo bei einer ganzbestimmten Stufe. Stell dir also vor, dass du mit deiner Organisation gerade einen Transformationszyklus planst: Ihr euch also ein terminiertes Zielbild überlegt für in zwei Jahren. Jetzt nehmen wir an, dass ihr euch auf Stufe 40 befindet, weil ihr bereits in der Vergangenheit schon viel gearbeitet und daher auch viel erreicht habt und deswegen nicht mehr auf Stufe 0 seid. Euer Zielbild bedeutet jetzt, dass ihr z.B. 100 Stockwerke aufbauen wollt. Das heißt im Zielbild seid ihr auf Stockwerk 140. Daher ist Stockwerk 140 das Zielbild des Transformationszyklus.

Wie erreichst du jetzt Stockwerk 140? Früher hätten wir folgendes gemacht: 100 Wochen für 100 Stockwerke, also muss ich nach 20 Wochen auf Stockwerk 60 sein, 20 Stockwerke weiter. Genau dieses Denken funktioniert in den dynamischen Märkten und der agilen Vorgehensweise nicht mehr. Dadurch, dass die Vernetzung zwischen den Unternehmensfunktionen und auch den Kundenbedürfnissen und den Auswirkungen durch Wettbewerb, Kundenbedürfnisse und nicht mehr vorherzusehende Marktdynamik so stark gestiegen ist, muss die Denkweise immer wieder in realistischen und abzusehenden Meilensteinen liegen. Wenn du jetzt z.B. in Stockwerk 40 bist, könntest du den ersten Milestone für das erste Quartal planen, um auf Stockwerk 50 zu kommen. Stockwerk 50 lässt sich gut beschreiben, wir wissen sehr genau, was in Stockwerk 50 erfüllt sein muss und können damit erst einmal Momentum aufbauen. Das bedeutet, du definierst jetzt nicht, was zu tun ist, sondern du definierst Stockwerk 50, also den Meilenstein, der erreicht ist auf dem Weg zu Stockwerk 140 (dem Zielbild). Das nennen wir „Denken in Meilensteinen“.

Wenn jetzt Stockwerk 50 definiert ist, also jedem in deinem Team klar ist, was in den nächsten 10 Stockwerken erreicht werden soll, kann dies wiederum in einzelne Stockwerke unterteilt werden, z.B. Stockwerk 41 und wenn du das möchtest auch noch in einzelne Treppenstufen (z.B. Stockwerk 40 Treppenstufe 1). Durch diese Denkweise, das Denken in Meilensteinen, in Zielbildern und in Zuständen und keine überhastete Beantwortung der Wie-Fragen, stellst du sicher, dass deine Teams unabhängig voneinander am gleichen Zielbild synchronisiert arbeiten. Wenn du jetzt z.B. mehrere Abteilungen hast, die an einem Zielbild arbeiten müssen, dann musst du darauf vertrauen, dass wenn sie unabhängig voneinander Ideen entwickeln, sie trotzdem am gleichen Zielbild arbeiten, ohne dass sie sich alle fünf Minuten abstimmen müssen: Das schafft nur die Milestone-Denke. Würden die beiden Teams lediglich Wie-Fragen diskutieren, ohne Meilensteine und Zielbild, wäre die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich die Ideen überlappen, widersprechen oder sogar völlig unabhängig voneinander gedacht werden. So würden Ressourcen so eingesetzt werden, dass eine Amortisation der Energie am Markt sehr unwahrscheinlich wird – weil die Energie der Bereiche nicht gebündelt wurde.

Die Rituale im Transformationszyklus

Um jetzt am Transformationszyklus zu arbeiten und diesen auf die einzelnen Mitarbeiter zu operationalisieren, sind die Rituale des Transformationszyklus notwendig. Vorhin haben wir besprochen, dass eine Strategie nur dann umgesetzt werden kann, wenn sie in der kleinsten Einheit also im Alltag eines X-beliebigen Mitarbeiters präsent ist: Dafür sind die Ritualsysteme verantwortlich.

Beispiel eines Transformationszyklus

Die oberste Ebene ist der Transformationsprozess selbst, der durch ein gesetztes Zielbild beschrieben wird, z.B. Zielbild XY am 31.12.2023. Das Hauptritual um das Zielbild, also die 100 Stockwerke, in handhabbare inhaltliche Meilensteine zu zerlegen, ist das Quarterly. Du kannst hier auch einen anderen Rhythmus wählen, wobei sich bei unseren Projekten das Quarterly bewährt hat. Beim Quarterly wird die nächste Reihe an Stockwerken geplant, die ganz fokussiert aber realistisch erreichbar vom Status Quo am Zielbild arbeiten, z.B. Stockwerk 50 (10 weitere Stockwerke). Dabei ist es wichtig, dass die umsetzenden Teams oder Mitarbeiter bei der Planung, also der Ableitung der Quartalsmeilensteine aus dem Zielbild mitanwesend sind und die Meilensteine mitgestalten können. Auch in diesem Meeting werden noch keine Wie-Fragen beantwortet (höchstens in der letzten Stunde). Wichtiger ist, dass allen Beteiligten die Meilensteine komplett klar sind, damit die gesamte Organisation an den nächsten 10 Stockwerken arbeitet und diese wirklich erreicht.

In unseren Projekten haben wir festgestellt, dass das konsequente Denken in Meilensteinen und das immer wieder realistische Beschreiben der nächsten X Stockwerke, dafür sorgt, dass Zielbilder in der Regel früher erreicht werden als geplant. Dabei kann es sein, dass du dir am Anfang sehr wenig Stockwerke vornimmst, um erst einmal Momentum aufzubauen und mit der Zeit, mit der Erfahrung, mit dem Rhythmus, du immer mehr in kürzerer Zeit schaffst, weil du und dein Team es geschafft habt, die Umsetzung der Strategie/ des Transformationszykluses im Alltag der Mitarbeiter einzubauen.

Die Umsetzung der Strategie dauert immer länger, wenn erstens nur Manager daran arbeiten und zweitens die Manager die Veränderung gegen den Mitarbeiter und den Kunden durchdrücken müssen.

Die nächste Stufe zur Umsetzung der Quarterly-Milestones ist das Weekly oder Bi-Weekly (wöchentliches oder zweiwöchentliches Teammeeting). Das Wochenritual ist normalerweise sowieso in vielen Teams vorhanden und bespricht die Wochenziele, das interne Tagesgeschäft, beinhaltet kulturelle Themen und sollte jetzt als Zusatz die Reflektion des Status Quo und der nächsten Schritte bezogen auf einen bestimmten Milestone (z.B. Stockwerk 50) beinhalten. Durch die wöchentliche Reflektion und die Planung der Woche unter Berücksichtigung des Milestones wird sichergestellt, dass an der Strategie in jeder einzelnen Woche proaktiv gearbeitet wird. In manchen Organisationen ist es sinnvoll das auch ins Daily, also in das Tagesritual, runterzubrechen, wobei das in unseren Projekten selten vorkommt. Übergeordnet kannst du zum Beispiel in einer Jahresreflektion, dem Annually, mit deinem Führungsteam oder deinem Projektkernteam den Status Quo auf dem Weg zum Zielbild reflektieren. Die wichtigsten Meetings sind dabei jedoch neben dem Setzen des Transformationszyklus, die Quarterlies und die Weeklies.

Wo bist du auf dem Weg bei deiner Strategie? Gibt es einen aktuell-geplanten und terminierten Transformationszyklus? Und wie stellst du sicher, dass an der Transformation gearbeitet wird? Wenn du noch nicht an einem Transformationszyklus arbeitest, ist das gar nicht schlimm, weil du jederzeit in deinen Teams, auch in einer Subkultur z.B. einer Abteilung, beginnen kannst, und weil nach dem Transformationszyklus vor dem Transformationszyklus ist: Das bedeutet, du kannst jederzeit beginnen, mit jedem möglichen Status Quo.

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