In diesem Beitrag geht es darum, dir eine Einführung in die Segmentierung zu geben, welche Fehler häufig gemacht werden und wie Segmentierung in der Transformation aufgebaut sein muss, damit es dein Transformationsvorhaben unterstützt.

Einführung

Segmentierung ist im Kern das Zusammenfassen von Kunden (oder auch Leads) in einem Markt und das Zuordnen dieser in verschiedene Töpfe. Das kannst du auf verschiedenen Arten machen und hängt vom Kriterium, das du für die Segmentierung festgelegt hast, ab.

Mein Mentor hat immer gesagt: „Du segmentierst keine Märkte, Märkte sind immer schon segmentiert“. Was bedeutet das? Sinnvolle Segmentierungen kommen nicht von uns, sondern sind bereits im Markt festgelegt. Unsere Aufgabe ist es demnach nicht, uns Kriterien auszudenken, von denen wir glauben, dass sie für uns sinnvoll sind, sondern herauszufinden, wie der Markt sich selbst segmentiert.

Ziel und Nutzen

Das Ziel der Segmentierung im Transformationsprozess ist die gezielte Markt- und Kundenentwicklung. Konkret bedeutet das, dass wir nach der Segmentierung in der Lage sind und genau verstehen, was wir infrastrukturell für welches Segment aufbauen müssen und welche Form der Marktbearbeitung wir im Vertrieb, im After-Sales, im Service und in der Leistungserbringung benötigen, um den Bedürfnissen des jeweiligen Segments gerecht zu werden.

Daraus leiten sich vier zentrale Nutzen ab, die nach der Segmentierung erreicht werden sollen:

1. Segment-Priorisierung

Nach der Priorisierung musst du in der Lage sein, dir selbst und deinen Mitarbeitern zu erklären, in welchen Segmenten ihr wachsen und Neukunden akquirieren wollt, welche Segmente verteidigt, aber nicht strategisch angegriffen werden sollen und welche Segmente in Zukunft nicht mehr bedient werden, weil diese nicht zur eigenen Organisation passen oder sogar schädlich sind.

2. Aufbau von Alleinstellungsmerkmalen

Durch das tiefe Verständnis eines Segments, der Bedürfnisse und Motive bist du in der Lage deine Leistungen, deine Produkte sowie auch deine Marktbearbeitung zu differenzieren und damit im Vergleich zu deinen Wettbewerbern ein Alleinstellungsmerkmal aufzubauen. Gerade wenn deine Wettbewerber versuchen viele Segmente mit derselben Infrastruktur zu bedienen, kannst du dir so einen Vorsprung erarbeiten. Das sorgt im Idealfall dafür, dass dein Kundensegment dich als ihres Gleichen erkennt und du dadurch Anfragen aus diesem Segment erhältst.

3. Marktsensorik

Durch die Segmentierung und die Implementierung der Segmentierung in den operativen Verkaufsalltag bist du in der Lage, Segmentverschiebungen und Veränderungen in Echtzeit festzustellen, die Bedürfnis- und Motivänderungen bei deinem Kunden auslösen und daher eine direkte Reaktion deinerseits erfordern. Wenn du z.B. ein Segment in den letzten drei Jahren auf eine bestimmte Art bearbeitet hast und die Bearbeitung auch gut zum Segment gepasst hat, kann es dennoch passieren, dass sich beim Segment selbst etwas ändert, so dass ein Wechsel der Motive stattfindet und dieser Kunde in Zukunft andere Anforderungen und Erwartungen an die künftige Zusammenarbeit mit dir hat. Ein häufiges Beispiel hier sind Änderungen in der Unternehmensführung oder in der Eigentümerstruktur, z.B. von einem stark verwaltenden Geschäftsführer hin zu einem Geschäftsführer, der auf starkes Wachstum und proaktive Veränderungen setzt. Der neue Geschäftsführer wird andere Erwartungen und Anforderungen an dich und deine Verkäufer, deine Leistungserbringung, deine Leistung und dein Produkt an sich haben.

4. Der Vertriebsansatz und die Produkte

Segmente, die fundamental andere Bedürfnisse haben, müssen per Definition mit einem anderen Vertriebsansatz und anderen Produkten bedient werden. Das bedeutet, dass du womöglich mehrere Vertriebsteams brauchst, die unterschiedlich vorgehen, unterschiedlich ausgebildet sind und unterschiedliche Produkte nutzen, um die Motive der unterschiedlichen Kunden zu bedienen. Durch die saubere Segmentierung ist es dir möglich, die Kunden den richtigen Vertriebsteams zuzuordnen, die passend zur Bearbeitung dieses Segments ausgebildet sind.

Segmentierung

In unserem Berateralltag bekommen wir sehr häufig auf die Frage, wie segmentiert wird, die Antwort, dass nach Umsatz oder nach Deckungsbeitragklassen vorgegangen wird. Das heißt, die Form der Segmentierung beruht auf eine klassischen ABC-Analyse, die besagt, dass 80% des Umsatzes von 20% der Kunden erzielt wird, die sogenannten A-Kunden. Die nächste Kundengruppe, die dann 15% des Umsatzes beinhaltet, sind die B-Kunden und die restlichen Kunden sind die C-Kunden. Diese Form der Segmentierung resultiert daraus, dass A-Kunden, die viel Umsatz erzielen, auch das größte unternehmerische Risiko darstellen. Wenn 20% der Kunden 80% des Umsatzes ausmachen, dann ist es fatal, wenn in diesem Segment 5%Punkte der Kunden entfallen, da das zu enormen Umsatzeinbüßen führen würde. Daher ist es verständlich, dass viele Unternehmen auf diese Form der Segmentierung zurückgreifen. Du musst jedoch beachten, dass die A-Kunden, die am meisten Umsatz machen, nicht zwangsläufig die Kunden sind, die das meiste Entwicklungspotential haben. Im Kern beruht diese Form der Segmentierung also auf einer Verteidigungsstrategie, die darauf ausgelegt ist, A-Kunden, also jene Kunden, die aktuell viel Umsatz erzielen, möglichst gut zu betreuen, damit diese Kunden auch künftig für einen hohen Umsatz sorgen.

Ob nach ABC-Analyse, nach Demografie, Unternehmensgröße oder Branche vorgegangen wird, bleibt dennoch häufig die erste Form der Segmentierung, die auf einer internen Sichtweise beruht. Wenn du einen Markt entwickeln möchtest, ist jedoch die externe Sichtweise, also eine Sichtweise aus dem Markt heraus, deutlich sinnvoller. Das bedeutet, dass du deine 100% der Kunden in drei bis fünf Segmente einteilst, die fundamental unterschiedliche Motive und Anforderungen an Kommunikation, an Produkte, an Vertrieb, an Service, usw. haben. Diese Anforderungen und Motive resultieren daraus, dass die Kunden unterschiedliche Eigenschaften haben, die häufig nichts mit demografischen Kriterien, wie Größe oder Umsatz der Organisation zu tun haben. Ein Beispiel dafür ist wieder der Geschäftsführer, der stark wachsen will und daher eine ganz andere Form der Lösung braucht als der Geschäftsführer, der sein Ergebnis optimieren möchte und dadurch wenig Bereitschaft für proaktive Markt-Experimente hat.

Die zweite Form der Segmentierung beruht also auf dem festen Ziel, einen Markt proaktiv zu entwickeln. Durch diese Form der Segmentierung wird komplett transparent, was du deinen Kunden zeigen musst, wie du bei deinen Kunden vorgehen musst, welche Produkte du bei deinen Kunden anwenden musst, um das jeweilige Kernmotiv dieser Segmente zu bedienen. Weiterhin kannst du in diesem Fall auch priorisieren und festlegen, welches Segment du in Zukunft nicht mehr bedienen möchtest. In unserem Schaubild könnte dies Segment 4 sein, das aktuell 30% der Kunden beinhaltet. Segment 4 beinhaltet außerdem 6% im A-Kunden-Bereich, die in Zukunft vielleicht gar nicht mehr bedient werden sollen. In diesem Fall würde über die nächsten Jahre das Segment immer kleiner werden, da es nicht mehr proaktiv bearbeitet wird. Stattdessen würde der Fokus und die Ressourcen auf die Segmente verlagert werden, die wirklich wachsen sollen.

In der Verlagsbranche ist es häufig so, dass der Gesamtvermarktungsumsatz erst einmal schrumpft. Das Problem an der ersten Form der Segmentierung ist, dass Vermarktungsleiter und Geschäftsführer glauben, dass alle Segmente zeitgleich schrumpfen bzw. sie sich nicht erklären können, wo genau der Vermarktungsumsatz schrumpft. Durch die zweite Form der Segmentierung wirst du feststellen, dass es zwar schrumpfende Segmente gibt, zeitgleich aber auch Segmente existieren, die wachsen. Das heißt, über diesen Weg kannst du herausfinden, auf welches Segment du dich strategisch fokussieren kannst, damit du deine Vermarktungsorganisation wieder zum Wachsen bringst.

Segment und Potential

Die Segmentierung geht Hand in Hand mit der Potentialanalyse. Das kannst du dir vorstellen wie eine X und eine Y-Achse: Das heißt, wir sprechen über zwei verschiedene Dimensionen, die nicht in Korrelation stehen. Das Segment gibt dir keine Informationen über die Größe des Potentials bei einem Kunden, wohl aber über die Methode und die Art und Weise, wie du das offene Potential heben kannst. Das bedeutet, dass du für jeden Kunden im Kern zwei Informationen brauchst. Du musst erstens wissen, in welches Segment der Kunde gehört. Zweitens musst du wissen, wie hoch das realistische Potential für diesen Kunden ist. Damit kannst du auf dieser Grundlage analysieren, wie hoch dein aktueller Kundenanteil ist und ob es sich lohnt, diesen Kunden zu priorisieren. Nehmen wir als Beispielkunden wieder den ambitionierten Geschäftsführer, der mit seiner Organisation stark wachsen möchte. Daraus ergeben sich Anforderungen, wie dass er Konzepte und Lösungen benötigt, die ihm helfen, das Unternehmenswachstum voranzutreiben. Wenn wir mit diesem Kunden aktuell 20.000€ Umsatz erzielen, er aber ein offenes Potential von zusätzlichen 30.000€ pro Jahr beinhaltet, dann wissen wir über die Segmentzuteilung, wie wir vorgehen müssen, um das offene Potential zu heben. Bei starkwachsenden Unternehmen haben wir zusätzlich den Vorteil, dass das Potential über die Jahre weiter wachsen wird, weil der Kunde selbst auch wachsen möchte.

Organisatorische Auswirkungen

Wenn du die Segmentierung bedürfnis- und motivorientiert vornimmst (die zweite Form), hat dies einige Auswirkungen auf deine Organisation. Konkret bedeutet das, dass du nach der Segmentierung prüfen musst, ob die restliche Organisation auf die Segmentierung abgestimmt ist.

Im Kern hat die Segmentierung Einfluss auf 10 verschiedene Themen:

  1. Wachstumsfelder: Durch die Segmentierung kann abgeleitet werden, in welchen Segmenten ein strategisches Wachstum überhaupt möglich ist. Aus dem Erfahrungswert sind in Verlagen 90-95% der Kunden für strategisches Wachstum nicht geeignet, müssen aber dennoch beachtet werden, weil innerhalb der 90-95% der Kunden aktuell der größte Umsatz und Profit liegt.
  2. Vermarktungsansatz: Durch die Segmentierung kann genau festgelegt werden, welches Segment welchen Vermarktungsansatz (Prozess, Räume, Tools, spezifisches Know-How, usw.) benötigt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass entwickelbare Kunden mit dem von Kunden erwarteten Ansatz bedient und dadurch entwickelt werden.
  3. Kundenzuordnung: Durch die Segmentierung kann die Kundenzuordnung dynamisch optimiert werden, indem Berater, welchen die Bearbeitung bestimmter Segmente aufgrund einer intensiven Anforderung, Know-How und Prozesstiefe, Produkt und Produktverständnis, usw. schwerfällt, bestimmte Kunden abgenommen werden. Diese bekommen dafür Neukunden und Bestandkunden, die besser zu ihnen passen.
  4. Produktportfolio: Durch die Segmentierung kann die Breite des Produktportfolios festgelegt werden. In der Verlagsbranche sprechen wir von verschiedenen Reichweitenformaten und Agenturdienstleistungen, sowie digitalen Dienstleistungen, die den Segmenten angeboten werden. Außerdem kann festgelegt werden, bei welchen Produkten wir mit Standardpaketen arbeiten und wo eine individuelle Beratung benötigt wird.
  5. Produktqualität: Durch die Segmentierung kann von den Segmenten erwartete Produkt- und Leistungsqualität festgelegt werden. Daraufhin kann eine Make- or Buy-Entscheidung für die Produkte oder Leistungen innerhalb verschiedener Qualitätsstufen gefällt werden. Wir unterscheiden zwischen Holz („muss halt funktionieren, aber nicht glänzen“) bis Gold (ist absolut „State of the Art“).
  6. Servicelevel: Durch die Segmentierung kann die von den Segmenten erwartete Servicequalität festgelegt werden. So erwarten manche Segmente eine umfangreiche Reporting- und Analyseinfrastruktur, inklusive proaktive Vorschläge für A-/B-Tests zur kontinuierlichen Verbesserung der Projektergebnisse. Andere Segmente begnügen sich mit eine zuverlässigen Prozessinfrastruktur.
  7. Marke und Positionierung: Durch die Segmentierung kann entschieden werden, welche Segmente glaubwürdig mit derselben Marke bedient werden können und für welche womöglich eine separate Marke benötigt wird.
  8. Vertriebssteuerung: Durch die Segmentierung kann die benötigte Vertriebssteuerungsinfrastruktur angepasst werden, damit sowohl Führungskräfte der operativen Marktbearbeitung (Teamleiter) als auch das Top-Management strategisch steuern können. Die Vertriebssteuerungsinfrastruktur hängt eng an den jeweiligen Vermarktungsansatz, der wiederum sehr eng an der Segmentierung hängt.
  9. Leadgenerierung: Durch die Segmentierung und die daraus resultierende Klarheit der Motive und Ziele der Kundengruppen können spezifische Leadkampagnen (z.B. Webinare, Veranstaltungen usw.) organisiert werden, die genau dieses jeweilige Segment ansprechen.
  10. Provisionsmodel: Durch die Segmentierung und den Vermarktungsansatz kann außerdem das Provisionsmodel der Berater angepasst werden. Dies hängt von der strategischen Stoßrichtung, (z.B. Potentialausschöpfung und Deckungsbeitrag vs. Verteidigung vs. Schlagzahl) im jeweiligen Segment ab.

Tipps und Tricks

Zu guter Letzt findest du noch 5 Tipps, die dir bei der Segmentierung helfen.

  1. Eigenschaften und Anforderungen: Konzentriere dich bei der Segmentierung auf die Kerneigenschaften, die für deinen Markt relevant sind und übersetze diese in Anforderungen an deine Organisation.
  2. Drei bis fünf Segmente: Beschränke dich auf drei bis fünf Segmente, damit es nicht zu kompliziert wird und das Konzept noch handhabbar und auch erklärbar bleibt.
  3. Nicht alles bedienen wollen: Schließe aktiv Segmente aus, die du im Zielbild nicht mehr bedienen möchtest, damit deine Organisation sich auf die Kunden fokussieren kann, die gut zu deiner Organisation passen und bei denen strategisches Wachstum möglich ist.
  4. Nicht von außen einschätzen: Wenn du mit deinen Verkäufern, die Segmente einschätzen möchtest, das heißt, dass ihr jeden Kunden in ein Segment zuordnet, dann achtetet darauf, dass ihr die Einschätzung nach Kundengesprächen vornehmt und nicht von außen einschätzt. Ein häufiges Problem ist das Unterschätzen von Kunden oder eine niedrige Datenqualität nach der Einschätzung. Dieses Problem resultiert daraus, dass Verkäufern die benötigten Informationen zum Einschätzen der Segmente zum Zeitpunkt der Segmentierung noch fehlen.
  5. Allen Funktionen erklären: Erkläre jedem, nicht nur dem Vertrieb, sondern auch der indirekten Wertschöpfung sowie den nachgelagerten Funktionen (After-Sales, Service, Produktion, Leistungserbringung, …), wie die Segmente funktionieren. Jedem sollte klar sein, welche Motive und Bedürfnisse in welchem Segment bedient werden müssen.

Ich hoffe, du konntest für dich einige Ansätze zum Thema Segmentierung mitnehmen. Wenn du Lust hast, schreibe uns gerne eine E-Mail oder einen Kommentar, wie du aktuell in deiner Segmentierung vorgehst und welche Erfahrungen du mit unserem Ansatz gesammelt hast.

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