In diesem Beitrag geht es um das Kerngeschäft der Sales Academy nämlich die proaktive Transformation von Vertriebsorganisationen. Dieser Beitrag soll dir als Führungskraft ansetze geben, was unter Transformation von Vertriebsorganisationen zu verstehen ist und dir Einblicke darüber verschaffen, in welcher Transformation du mit deinem Team eventuell gerade steckst. Natürlich kann es auch sein, dass ihr gerade nicht in einer laufenden Transformation seid. In diesem Fall kannst du dir überlegen, ob eine Transformation in Zukunft sinnvoll sein kann. Der Beitrag ist in vier Kapitel unterteilt:

Kapitel 1: Warum transformieren?

Kapitel 2: Welche Ziele werden bei einer Transformation verfolgt?

Kapitel 3: Welche Arten von Transformationen gibt es?

Kapitel 4: Wie läuft die Transformation ab?

 

Kapitel 1: Warum transformieren?

Der Bedarf nach Transformation von Vertriebsorganisationen ist bisweilen sehr unterschiedlich. So stoßen wir immer wieder auf marktorientierte und auch interne Gründe, die eine Notwendigkeit bedingen. Grundsätzlich reicht einer dieser Gründe aus, um eine Transformation zu starten. Manche der Gründe bedingen sich auch gegenseitig.

Die marktorientierten Gründe:

  1. Zwang zur Internationalisierung: Gerade bei Märkten, die in Europa gesättigt sind, müssen viele Kunden deutlich internationaler werden. Die Internationalisierung des Vertriebs ist jedoch kein Thema, das nebenbei angegangen werden kann. Stattdessen erfordert es einen starken Fokus und vor allem eine genaue Analyse, in welche Märkte, in welche Kunden und Anwendungsfälle sowie in welche Segmente investiert werden soll.
  2. Sich raschändernde Kundenanfragen: Viele unserer Kunden erleben, dass die Kundenwünsche sich rasch ändern bzw. sich schneller ändern, als die Organisation mit Innovation oder dem Aufbau neuer Marktsegmente reagieren kann. In der Folge verliert die Organisation immer mehr Umsatz aus bestehenden Segmenten, weil dort die Produkte und die Leistungen nicht mehr zu den Kundenwünschen passen.
  3. Rohstoffknappheit: Auch die Rohstoff- oder Mitarbeiterknappheit kann dafür sorgen, dass neue Marktsegmente gesucht werden müssen, in welcher die Wertschöpfung auf absehbarer Zeit wieder einwandfrei funktioniert.
  4. Digitalisierung: Ebenso kann durch die steigende Digitalisierung eine Vertriebsorganisation zur Transformation gezwungen werden.

Zusätzlich zu den marktorientierten Gründen gibt es auch 4 hauptsächlich interne Gründe, die für eine Transformation sprechen.

1. Zu wenig Wachstum: Das passiert meistens dann, wenn mit einer Vertriebsorganisation zu viele Segmente angegriffen werden sollen. Das Ergebnis ist ein Durchschnittswert, der in Summe jedoch wenig wächst.

2. Zu wenig Profit: Die Vertriebs- und Gesamtorganisation, die dann auch für die Leistungserbringung und Abwicklung zuständig sind, sind nicht effizient genug. Das kann sein, wenn zu viele Produkte auf zu vielen Märkten erfolgreich sein sollen, sodass die Marktspezifika nicht erkannt werden und die Leistungserbringung zu teuer wird.

3. Wegbrechen der Heldenstruktur: Im Jahr 2022 und der damit verbundenen höheren Mitarbeiterfluktuation kann es sein, dass die Helden (langjährig, erfahrene interne Experten), die einen maßgeblichen Anteil am Markterfolg hatten, weggebrochen sind. Das kann passieren, weil Helden in Rente gegangen oder zum Wettbewerber gewechselt sind.

4. Zu langsame Reaktion auf Marktveränderungen: Ein ganz häufiger Grund ist der steigender Innovationsdruck in verschiedenen Märkten und eine zu langsame Reaktion der Organisation auf Marktveränderungen. Das passiert vor allem dann, wenn eine Organisation bisher in einem relativ stabilen Markt war und bislang keinen Bedarf hatte, agiler zu werden und sich intensiver mit den Kundenbedürfnissen auseinanderzusetzen.

 

Kapitel 2: Welche Ziele werden bei der Transformation verfolgt?

Im Kern verfolgt die Transformation der Vertriebsorganisation vier verschiedene Ziele, die zum Teil auch parallel verfolgt werden können. Bei den Zielen unterscheiden wir zwischen dem Begriff Anwendungsfall und dem Begriff Segment. Ein Anwendungsfall ist dabei aus Kundensicht gedacht und beschreibt ein ganz spezifisches Problem, was ein Kunde lösen muss. Zum Beispiel die Verbesserung der Prozesseffizienz auf X%. Ganz bewusst vermeiden wir das Wort Produkt, weil das Produkt aus einer internen Perspektive gedacht ist und nicht aus Kundenperspektive. Der Kundeanwendungsfall ist hingegen immer aus Kundenperspektive gedacht. Das Segment dagegen beschreibt den abgegrenzten Markt, der durch die Vertriebsorganisation angegriffen werden soll. Dabei erleben wir häufig, dass eine Vertriebsorganisation viele Marktsegmente bedient oder bedienen soll, ohne sich der Tatsache bewusst zu sein, wie viele Segmente genau bedient werden sollen.

Matrix zur Zielverfolgung mittels Transformation

1. Ausbau eines bestehenden Anwendungsfalls in bestehenden Marktsegmenten

Das erste Ziel besteht in dem Ausbau eines bestehenden Anwendungsfalls in bestehenden Marktsegmenten. Hier bedeutet Transformation, dass die Richtung der Vertriebsorganisation, die gleiche bleibt, jedoch deutlich mehr Druck im Vertrieb aufgebaut werden soll. Das ist vor allem bei schnellwachsenden Startups oder Schnellboten von größeren Organisationen der Fall, die in einem bestehenden Markt mit einem bestehenden Anwendungsfall schnell einen größeren Marktanteil aufbauen wollen.

2. Ausbau des bestehenden Anwendungsfalls in neue Marktsegmente

In diesem Transformationsprojekt ist das Ziel, dass eine Lösungsexpertise in ein neues Marksegment getragen werden soll, in welche noch keine Glaubwürdigkeit besteht. Das kann zum Beispiel eine neue Region sein oder ein Marktsegment innerhalb des bestehenden Gebiets, welches bislang bewusst ausgeklammert wurde.

3. Ausbau der bestehenden Marktsegmente in neue Anwendungsfälle

In diesem Fall geht es darum in einem spezifischen Marktsegment zu bleiben und in diesem Marktsegment neue Kundenprobleme (Anwendungsfälle) zu lösen. Dadurch steigt die Branchen und Kundenexpertise, die als Basis für die Erhöhung des Umsatzes mit Bestandssegmenten genutzt werden soll. Hier können zum Beispiel ergänzende Dienstleistungen und Produkte oder auch ganz neue Anwendungsfälle beim Kunden bedient werden, die bislang bewusst ausgeklammert wurden.

4. Aufbau eines neuen Marktsegments mit einem neuen Anwendungsfall

In diesem Transformationsprojekt geht es darum, einen komplett neuen Anwendungsfall in einem neuen Marktsegment zu bedienen. Diese Transformation beinhaltet ein enormes Risiko, weil in der Regel keine Marktexpertise für das neue Marktsegment und für den neuen Anwendungsfall vorhanden ist. In diesem Fall müssen realistische Erwartungen des Managements an die Transformation gesetzt werden und die Transformation muss einer sehr klaren marktorientierten Methode folgen, die durch Hypothesentest früh herausfindet, ob das Marktpotential im neuen Anwendungsfall innerhalb des neuen Marktsegments ausreichend groß ist. Ferner sollten sie abschätzen, ob die Wahrscheinlichkeit Glaubwürdigkeit gegenüber dem Wettbewerb aufzubauen gegeben ist. Dieses Ziel zu erreichen ist mit Abstand das schwierigste einer Transformation und daher nicht zu unterschätzen.

Wie kann man also Transformation definieren? Transformation ist die proaktive Entwicklung eines Marktes zur Erhöhung des Marktanteils unter Mitnahme der gesamten Wertschöpfung der eigenen Organisation. Das bedingt, dass das realistische Marktpotential des Marktes, in dem transformiert werden soll sowie das offene Marktpotential ausreichend groß ist. Das Team, das in einem Markt angreifen soll, darf dabei in systemkritischen Prozessen so wenig wie möglich durch die Organisation behindert werden. Idealerweise arbeitet das direktwertschöpfende Team in einem isolierten Schnellboot und hat dadurch die Möglichkeit, Markt und Anwendungsexperte zu werden. Die gesamte Wertschöpfung kennt dabei das Ziel, den Plan und den Kunden. Ein häufig systemkritischer Faktor in Transformationsprojekt ist, dass auch die Leistungserbringung und Abwicklung den Markt kennt und versteht. Dadurch wird dem Kunden ein außergewöhnliches Erlebnis über den Zyklus der Zusammenarbeit ermöglicht.

 

Kapitel 3: Arten von Transformationen

Durch die Ziele, die wir im letzten Kapitel gezeigt haben, ergeben sich zwei Arten von Transformationsprojekten. Die erste Art passt zu dem Ziel: Aufbau eines neuen Marktsegmentes mit einem neuen Kunden/ Anwendungsfall. Diese Art nennen wir „Neudesign“. Neudesign einer komplett neuen Vertriebsorganisation. Dies stellt, wie oben beschrieben, eine schwierige Aufgabe dar, da es darum geht, einen komplett neuen Trieb in einem komplett neuen Blumentopf zum Sähen und zum Wachsen zu bringen. Dieses Transformationsprojekt ist komplett anders durchzuführen im Vergleich zur zweiten Art. Die zweite Art beschäftigt sich mit der Umorganisation einer Vertriebsorganisation.

Blumentopf

Das stellen wir uns vor wie ein Blumentopf, in dem die bestehenden Marktsegmente, die einen großen Teil der Wertschöpfung erbringen genauso wie neue, junge Triebe (Aufbau neuer Marktsegmente oder Kundenanwendungsfälle) erreicht werden sollen. Die Herausforderung ist, dass alle drei Pflanzen – Ein Goldtopf (Kunde- Anwendungsfall -Marktsegmentkombination) einen Großteil des Geldes verdient und gleichzeitig junge, neue Triebe entwickeln werden sollen. Die Herausforderung ist, dass die Energie gleichmäßig verteilt wird, sodass der Goldtopf, der aktuell einen großen Teil der Wertschöpfung erbringt, nicht beschnitten wird. Diesen Fall nennen wir Umorganisation der Vertriebsorganisation, bei welchem die bestehenden Assets (Goldtopf) von jungen, neuen Trieben getrennt und so die Ressourcenknappheit aufgelöst wird. Die Trennung erfolgt idealerweise dann, wenn die jungen Triebe, genug eigene Kraft haben, um in einem eigenen Blumentopf zu wachsen. In diesem Fall geht es in einem ersten Schritt darum die einzelnen Pflanzen im Blumentopf zu sortieren und voneinander zu trennen. Im zweiten Schritt den Goldtopf (also die bestehende gewachsene Pflanze, die aktuell den größten Teil der Wertschöpfung ausmacht,) abzusichern. Und im dritten Schritt mit vollem Fokus die Triebe zu entwickeln.

 

Kapitel 4: Ablauf der Transformation

Die Transformation von Vertriebsorganisationen beginnt immer am Markt. Das ist für uns einer der wichtigsten Punkte: Obwohl es interne Gründe für die Transformation gibt, sollen wir trotzdem am Markt beginnen. Dies liegt daran, dass es am Ende darum geht, dass wir in einem definierten Markt Anteile aufbauen und die Organisation auf den Markt hin ausrichten. Wenn der Markt bekannt ist, das Marktpotential abgeschätzt und wir die aktuellen Marktanteile in den verschiedenen Segmenten kennen, können die Angriffssegmente von den Verteidigungssegmenten getrennt werden. Auf dieser Grundlage wird ein Zielbild gesetzt (maximal 2-3 Jahre), in dem der zu erreichende Zustand beschrieben wird. Dabei werden in der Regel drei verschiedene Perspektiven betrachtet. Die erste Perspektive ist die Marktperspektive, die zeigt welchen Zustand wir in den unterschiedlichen Segmenten haben werden. Die zweite Perspektive ist die interne Perspektive aus dem Team des Schnellboots heraus, wie Kultur, Zusammenarbeit, Prozesse, usw. funktionieren. Die dritte Perspektive bezieht sich auf das Ökosystem. Wenn die Vertriebsorganisation in ein größeres Ganzes eingebaut ist, zum Beispiel in eine Konzernstruktur, dann geht es auch darum die Erwartungen und Schnittstellen zum Ökosystem mitzudenken.

Aus dem Zielbild kann die nötige Zielstruktur definiert werden. Zielstruktur meint dabei jedoch nicht die Aufbauorganisation in Form von starren Organigrammen, sondern in Form von flexiblen Rollenkonzepten, die eher in Form einer Ablauforganisation (Kernprozesse) als in starren Organigrammen gedacht sind. Nach diesen Schritten (Segmentierung, Zielbild und Zielstruktur) arbeitet die Transformation in Quartalsprints und Meilensteinen, um das Zielbild zu erreichen. Wenn das Zielbild auf zwei Jahre gesetzt wurde, so werden acht Quartalsprints benötigt. In diesen Quartalssprints werden die übrigen Umsetzungsthemen behandelt. Das kann zum Beispiel Produktinnovation, Prozesse, Strukturen, Kompetenzen, Methoden, Markttests (Vertriebskampagnen), Köpfe, Entgeltmodelle, Steuerung, Rituale und vieles andere sein. Die Kunst der Transformation ist, zur richtigen Zeit (Reifegrad der eigenen Organisation) die richtigen Themen zu fokussieren und dabei immer marktorientiert in die Umsetzung zu gehen. Das bedeutet, dass nicht lange Konzepte gebaut werden, die später am Markt nicht funktionieren, sondern immer neue kleine Meilensteine geplant werden, die eine Veränderung oder einen Erfolg am Markt beinhalten.

Ich hoffe, dass du einige Einblicke in die Transformation von Vertriebsorganisationen bekommen hast und herausfinden konntest, welche Art von Transformation in deiner aktuellen Situation sinnvoll ist.

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